Es sieht nicht gut aus

Es sieht nicht gut aus
Stand: 23. Mai 2022

Wie Sie in meinem letzten Text schon erkennen konnten: ich war nicht optimistisch für die Kapitalmärkte in den letzten Monaten. Die hohe Inflation hat die Zinserwartung in vorher ungeahnte Höhen getrieben und damit das finanzielle Umfeld umgekrempelt. Die Folge waren sinkende Preise für Aktien und Anleihen.

Soweit so gut. Nun kommen wir in den nächsten Akt dieser Tragödie. Es wird immer offensichtlich, dass sich die hohe Inflation im Wirtschaftssystem festgesetzt hat. Das bedeutet, dass die Notenbanken die Zinsen solange erhöhen müssen, bis das Wachstum schwächer wird und die hohe Inflationsdynamik durch eine schwächere Nachfrage gebremst wird. Die Notenbanken können folglich auf das Wirtschaftswachstum keine Rücksicht mehr nehmen.

Ein struktureller Faktor gewinnt dabei nun an Bedeutung: die Demografie. In früheren Zyklen hat ein schwächeres BIP-Wachstum auch die Nachfrage nach Arbeitskräften gesenkt, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen und die Lohnerhöhungen fielen geringer aus, was sich neben der schwächeren Wirtschaftsleistung, günstig auf die Inflation ausgewirkt hat. Heute sinkt wegen den demographischen Effekten das Arbeitsangebot; die Lohnentwicklung dürfte sich also vom Wirtschaftswachstum bis zu einem gewissen Grad abkoppeln. Dies könnte dazu führen, dass die Notenbanken sogar noch kräftiger anheben müssen als in früheren Phasen, um den gewünschten Effekt zu erreichen.

Soviel zur Theorie. Zusammengefasst kann man sagen, dass die Wahrscheinlichkeit für ein sehr schwaches Wachstum mit temporären Mini-Rezession in den kommenden Jahren spürbar gewachsen ist. Das Problem dabei ist, dass bislang von der Mehrheit von einem soft landing ausgegangen wurde, also von einem nur moderat schwächeren Wirtschaftswachstum. Die Investoren haben eine stärke und länger anhaltende wirtschaftliche Abkühlung noch nicht in die Märkte eingepreist. Die aktuelle schwache Marktphase ist aus meiner Sicht hauptsächlich den steigenden Zinserwartungen geschuldet.

Dies dürfte sich nun aber ändern und die Kurse könnten entsprechend weiter unter Druck kommen. Einen kleinen Vorgeschmack haben wir in den letzten Tagen bekommen. Man sollte sich also noch auf weiter fallende Aktienkurse einstellen. Das Gute dabei wäre allerdings, dass die Anleihepreise sich stabilisieren sollten. Kurzfristige Phasen der Markterholung sind dabei natürlich nicht ausgeschlossen, aber das sollte den generellen Trend nicht ändern.

Das Thema Affenpocken habe ich hier noch nicht thematisiert. Ich hoffe, es bleibt auch so.

Diesen Artikel bewerten

Aktuell ist noch keine Bewertung vorhanden. Seien Sie der Erste!
Durchschnittliche Bewertung des Artikels: 4.1
Anzahl abgegebener Bewertungen: 13

Das könnte Sie auch interessieren

Hohe Verschuldung braucht höhere Inflation
Hohe Verschuldung braucht höhere Inflation
8. Februar 2021
Übergabe des Staffelstabs
Übergabe des Staffelstabs
10. November 2022
Regierungen und Zentralbanken gehen Hand in Hand
Regierungen und Zentralbanken gehen Hand in Hand
31. Mai 2022

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

acht + vierzehn =