Kein Grund zu optimistisch zu sein



Der Krieg in der Ukraine bestimmt weiterhin das Geschehen. Dass es eine Lösung am Verhandlungstisch geben wird, zeichnet sich zwischenzeitlich deutlich ab. Aber eine solche Lösung wäre nicht die Lösung aller Probleme.

Das Konflikt zwischen Russland und der westlichen Welt, der sich am Einmarsch in die Ukraine entzündet hat, beschleunigt viele Problemlagen. Die Inflation, die auch bereits vor dem Krieg schon unangenehm hoch war, wurde in ungeahnte Höhen geschoben, was die Zentralbanken unter enormen Zugzwang setzt. Aber die steigenden Rohstoffpreise und die noch wackeligeren Lieferketten zeigen die Abhängigkeiten der Länder wie in einem Brennglas. Leider hat Deutschland hier eine unvorteilhafte Rolle eingenommen. Die deutsche Wirtschaft hängt am oft genannten seidenen Faden. Die Behebung der politischen Fehler der Vergangenheit wird sicherlich viel Geld und politisches Kapital kosten. Zudem dürften sich dabei auch die Kräfteverhältnisse in Europa verschieben.

Die Globalisierung und die damit einhergehende Vernetzung der Länder ist aber nicht nur bei den Inputfaktoren oder Importen sichtbar geworden, auch die hohe Abhängigkeit von ausländischen Märkten könnte nun zum Problem werden. Denn politische und geostrategische Überlegungen überdecken zunehmend wirtschaftliche Grundmuster. Auch auf diesem Feld ist Deutschland wohl der größte Verlierer, wobei es hier aber grundsätzlich keine Gewinner geben wird.

Deutschland hat mit die offenste Volkswirtschaft in der Welt – Exporte und Importe zusammen stehen für rund 80% des BIP – und konnte damit in den letzten 20 Jahren eine enorme Wirtschaftskraft entwickeln und Wohlstand aufbauen. Jedoch fußt dieses Wirtschaftsmodell auf einer kooperativen Politik zwischen den wichtigen Ländern. Genau diese Grundlage der Globalisierung scheint sich nun hin zu einem wenig kooperativen Politikstil zu verschieben. Deutschland ist davon in einem besonderen Maße getroffen und damit auch ein Gradmesser für die negativen wirtschaftlichen Folgen dieser grundlegenden Veränderung. Aber das potentielle Wachstum dürfte sich in allen Ländern verringern. Die Höhe hängt von der Vernetzung und Abhängigkeiten ab.

Wenn sich die sich abzeichnende neue politische Strategie nicht mehr grundlegend ändert, wird sich in den kommenden Quartalen ein neues Gleichgewicht an den Weltmärkten einpendeln. Dabei sollten die politischen Blöcke wieder enger zusammenarbeiten und die Vernetzung innerhalb dieser Blöcke steigen. Zwischen den Blöcken dürfte die Vernetzung aber dauerhaft zurückgehen. Damit sollte das weltweite Wachstum durchschnittlich auch auf einem etwas niedrigen Niveau liegen. Spannend wird es dabei sein, wie sich in diesem Prozess Länder wie z.B. Indien positionieren, die sich noch nicht festgelegt haben. Diese könnten für West oder Ost ein entscheidendes Gewicht bringen, da die potentielle Absatzmärkte oder Ressourcen groß sind. Damit könnten Schwellenländern eine ganz neue Bedeutung zukommen, wie man jetzt auch am Beispiel von Venezuela sieht, das innerhalb von kurzer Zeit von politischen Hinterhof zum attraktiven Handelspartner avisierte.

Geopolitisch und weltwirtschaftlich stehen uns also spannende Zeiten bevor. Die großen Trends Demographie und Umwelt gehen dabei unvermindert weiter. Es geht also um Anpassungsfähigkeit und Innovation – beides liegt dem Westen und Deutschland. Man muss diesen Kräften nur genügend politischen Raum lassen, wenn dies möglich ist.

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