Dr. KI übernehmen Sie – Chancen und Risiken in der Medizin

Von Vorsorge über Diagnose bis zur Therapie. Künstliche Intelligenz spielt schon heute eine Rolle in der Medizin. Wo bringt sie Vorteile? Und welche ethischen und regulatorischen Fragen sind zu klären?

KI sagt die Todeswahrscheinlichkeit voraus 

Für eine britische Gesundheitsstudie haben 100.000 Menschen Armbänder mit Beschleunigungssensoren getragen. Zwei Prozent der Teilnehmer verstarben innerhalb von fünf Jahren nach Studienbeginn. Wissenschaftler der University of Illinois haben diese Studie anschließend noch einmal mittels KI ausgewertet. Aus den Bewegungsdaten der Probanden und den Informationen zum Ableben hat die KI einen Algorithmus entwickelt, der die Todeswahrscheinlichkeit auf Basis der Sensordaten für einen sechsminütigen Spaziergang ableitet. Es ist zugegebenermaßen etwas gruselig, doch zeigt, dass KI offenbar genauere Ergebnisse liefern kann als bislang ein Mediziner. Es deutet aber auch schon darauf hin, dass die Datensicherheit bei KI-Anwendungen unbedingt gewährleistet sein muss. Man stelle sich nur vor, diese Daten fielen einem Lebensversicherer in die Hände. 

Von Vorbeugung über Diagnose bis zur Therapie 

Forscher gehen davon aus, dass bei der Bekämpfung schwerer Krankheiten KI künftig eine entscheidende Rolle in der Gesundheitsvorsorge spielen wird. Dafür müssen aber massenhaft Daten gesammelt und ausgewertet werden. Vitalwerte, Lebensstil, Ernährung, Krankheiten.  
Bei der Diagnose von Krankheiten ist KI schon jetzt in einzelnen Bereichen dem Menschen deutlich überlegen. Auch hier immer dann, wenn es um die Auswertung großer Datenmengen geht. So kann sie bestimmte Tumorarten und die Gefahr, die von ihnen ausgeht, bestimmen. Die Gefahr eines drohenden Diabetes per MRT erkennen und auch seltene genetische Krankheiten schneller, zuverlässiger und erschwinglicher diagnostizieren als jeder Arzt. Von Möglichkeiten wie der Schaffung von Designer-Babys soll an dieser Stelle gar keine Rede sein. 
Auch in der Therapie ist KI im Einsatz, zum Beispiel bei der Entwicklung von Medikamenten, einer auf Geschlecht und Alter maßgeschneiderten Dosierung und der Entwicklung von Impfstoffen.  

Was, wenn KI auf der Arbeit die mentale Gesundheit misst? 

In den USA messen manche Unternehmen mit KI, wie hoch die Burnout-Gefahr bei den Mitarbeitern ist. Dabei durchforsten die Algorithmen E-Mails, Kalendereinträge, Chatnachrichten und Videotelefonate auf verdächtige Sätze und Hinweise. Zeichensetzung und Grammatik spielen auch eine Rolle. Meint der Chef es nur gut? Oder droht demnächst etwa die Kündigung, wenn man auffällig ist? Und wie steht es um den Datenschutz? 

Ethik und Regulierung 

Peter Dabrock, der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, sieht KI als eine der bedeutendsten technischen Revolutionen in der Geschichte – was nicht nur Chancen, sondern auch Risiken berge. Er hält es für unabdingbar, dass dem Datensubjekt, also dem Patienten, mehr Kontrollhoheit bei der Datenverarbeitung zugesichert wird. Die Systeme müssen transparent sein und die Solidarität bei der Krankenversorgung gesichert bleiben.  
Auch die WHO hat zwei Jahre lang Experten an das Thema gesetzt und 2021 einen 160 Seiten starken Leitfaden herausgegeben. Wichtige Punkte darin sind: 

  • KI darf niemals über Ärzte hinweg entscheiden 
  • Der Patient muss immer informiert sein, einwilligen und die Hoheit über seine Daten gesetzlich geschützt behalten 
  • Die KI darf niemals einem Menschen Schaden zufügen, Entscheidungen von Algorithmen müssen darum überprüft werden 
  • KI muss transparent, erklärbar und überprüfbar sein 
  • Staaten sollen Kontrollinstanzen einführen 
  • Entwickler sollen sicherstellen, dass Trainingsdaten der KI keine gesellschaftlichen Gruppen ausschließen 

Der geplante Artificial Intelligence Act (AI Act) der Europäischen Union stuft die meisten KI-Medizinprodukte als hochriskant ein und sieht entsprechend strenge Regularien vor. Die EU übernimmt damit die internationale Vorreiterrolle mit regulatorischen Überwachungsanforderungen für KI-Systeme.  

Lesen Sie hier weitere Beiträge zu dem Fokusthema Künstliche Intelligenz.

Quellen: 

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