Wie beeinflussen sich Wirtschaft und Demokratie?

Demokratie ist gut für die Wirtschaft – und umgekehrt. Doch die freie Marktwirtschaft birgt auch Risiken für die Demokratie. Könnte ein Wechsel der Wirtschaftsweise Abhilfe schaffen?

Demokratie führt zu Wirtschaftswachstum, das haben zahlreiche Studien gezeigt. Demokratien haben langfristig in der Mehrheit der Länder nicht nur höhere Wachstumsraten, als Autokratien, sie weisen auch ein stabiles und vorhersehbares Wachstum auf. Demokratie ist also gut für die Wirtschaft. Umgekehrt sieht es genauso aus. Das Bestehen einer marktwirtschaftlichen Ordnung wird immer wieder als Bedingung für eine stabile Demokratie genannt. Marktwirtschaft und Demokratie ergänzen sich so gut, weil die Demokratie den legitimen stabilisierenden Rahmen schafft und die Marktwirtschaft die innovativen Impulse setzt, die politisch wieder beantwortet werden müssen.

Chancen und Risiken der Marktwirtschaft

Eine freie Wirtschaft schafft Wohlstand. Und dieser ist fast schon eine Garantie für die Demokratie: Je reicher ein Land ist, desto größere Chancen bestehen für eine demokratische Staatsverfassung. Eine fortdauernd prosperierende Marktwirtschaft erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein autokratisches oder halb demokratisches Land zu einer vollen Demokratie entwickeln kann. In den frühen Jahren der Bundesrepublik hat das Wirtschaftswunder als Demokratisierungstreiber gewirkt. Der VW Käfer und der neue Kühlschrank wurden der Staatsform zugeschrieben. Umgekehrt kann man heute eine größere Demokratieskepsis im wirtschaftlich schwächeren Osten Deutschlands beobachten. Sie entlädt sich aktuell unter anderem in den Protesten gegen die Energie- und Russlandpolitik der Regierung und wird von Rechtsextremen instrumentalisiert.

Ein Stresstest für die Demokratie

Das Problem: Große Mehrheiten profitieren nicht mehr vom wirtschaftlichen Fortschritt. Bei schwachem Wachstum stoßen staatliche Umverteilungsmöglichkeiten an ihre Grenzen. Das hat weitreichende Folgen. Demokratie basiert auf Mehrheitsentscheidungen. Das System funktioniert, solange Mehrheiten mit den wirtschaftlichen Grundlagen der Gesellschaft zufrieden sind. Ist das nicht mehr der Fall, zum Beispiel, weil Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren oder dies befürchten, oder weil unter den Folgen einer Inflation gelitten wird, dann geht das Vertrauen in eine gute Zukunft verloren. Als Folge wird das System insgesamt infrage gestellt. Das ist einer der Gründe für einen erstarkenden Populismus in vielen Ländern Europas.

Könnte ein Wechsel der Wirtschaftsweise nötig werden?

Wirtschaftswachstum hat also zu Recht einen hohen Stellenwert. Doch trotz Wachstums haben sich in vielen Ländern soziale Ungleichheiten verstärkt. Das ist eine Gefahr für die Demokratie. Auch sprechen die Endlichkeit der Ressourcen gegen ein endloses Wachstum. Einige Wissenschaftler und Ökonomen schlagen darum einen Übergang in eine neue Wirtschaftsordnung vor. Die radikalste Idee dabei ist die Postwachstumsökonomie. Sie soll sozial stabile und global faire Versorgungsstrukturen ermöglichen, erfordert allerdings, dass wir starke Abstriche von unserem heutigen Lebensstil machen müssten. Wie das umgesetzt werden könnte, so konkret ist der Vorschlag noch nicht. Doch an neuen Denkansätzen werden wir angesichts von Klimakrise und Ressourcenknappheit wohl nicht vorbeikommen, wenn uns das Leben in einer Demokratie lieb ist.

Quellen:

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