Mission Energiewende

Grüner Wasserstoff, organische Batterien und Treibstoff aus Mikroben – biotechnologische Grundlagenforschung weist neue Wege in die Klimaneutralität.

Die Energiewende wird in Deutschland mit hoher Priorität vorangetrieben, damit wir bis 2045 klimaneutral sind. Gleichzeitig will die Bundesrepublik möglichst schnell unabhängig von Erdöl- und Erdgasimporten werden. Welchen Beitrag kann die Biotechnologie dabei leisten?

Grüner Wasserstoff

Unverzichtbar für die Energiewende ist Wasserstoff. Er wird als Roh- und Brennstoff in der Industrie genutzt, kann aber auch als Kraftstoff eingesetzt werden und lässt sich dank Brennstoffzellen in Strom und Wärme umwandeln. Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie der Regierung soll sogenannter Grüner Wasserstoff marktfähig werden. Bei seiner Erzeugung kommt regenerative Energie zum Einsatz. Wasser wird damit unter Strom gesetzt und über Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff geteilt. Grüner Wasserstoff ist klimafreundlich, denn er wird ohne fossile Rohstoffe produziert. Allerdings ist die wirtschaftliche Produktion davon abhängig, wie günstig sich erneuerbarer Strom produzieren lässt.

Mit Bakterien soll Grüner Wasserstoff richtig grün werden

Forscher an der Universität Kassel wollen die Wasserstoffproduktion noch grüner machen. Der Schlüssel dabei sind Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt. Diese Einzeller haben vor etwa drei Milliarden Jahren die Photosynthese entwickelt, sind also Profis in der Nutzung von Sonnenenergie. Mit der Photosynthese produzieren sie Sauerstoff und Zucker. Doch nach längerer Dunkelheit muss ihr Stoffwechsel erst anlaufen, dabei produzieren die Bakterien Wasserstoff. In der Natur dauert das nur etwa ein bis zwei Minuten. Zuständig für die Wasserstoffproduktion ist als Katalysator das Enzym Hydrogenase. Professorin Kirstin Gutekunst und ihr Team haben die Bakterien genetisch verändert und den Katalysator direkt am Photosynthese-Komplex der Zelle fixiert. Damit verlängert sich das Zeitfenster für die Wasserstoffproduktion auf mehrere Stunden. Ziel ist, mit den Cyanobakterien in Bioreaktoren Wasserstoff zu produzieren. Dafür muss aber noch die Effizienz gesteigert werden. Das Verfahren wäre dann aber dreifach klimafreundlich: Die Energie kommt direkt durch Sonnenlicht, CO₂ aus der Atmosphäre wird gebunden und es entstehen keine Abgase, wenn Wasserstoff beispielsweise in Brennstoffzellen zum Einsatz kommt.

Organische Batterien

Wenn die Energiewende gelingen soll, sind leistungsfähige Energiespeicher unverzichtbar, um Lastschwankungen im Netz aufzufangen. Immer mehr Energieversorger setzen dabei auf große Batteriespeicher. Herkömmliche Systeme basieren dabei auf knappen Rohstoffen, die unter hohem Energieaufwand abgebaut werden. Das deutsche Unternehmen CMBlu Energy hat sogenannte Organic-SolidFlow-Batterien entwickelt, die elektrische Energie in organischen Elektrolyten speichern können. Sie nutzen dafür Kohlenstoffverbindungen auf Basis des natürlichen Rohstoffs Lignin, das als Abfallstoff bei der Papierindustrie anfällt. Die Speichersysteme sind günstig in der Herstellung, leicht skalierbar und nahezu vollständig recycelbar. Sie sind allerdings wegen ihrer Größe nicht für Elektroautos oder den Hausgebrauch geeignet.

Treibstoff aus Mikroben

Mittlerweile existieren eine Reihe von Forschungen, die das Ziel haben, aus nicht-fossilen biologischen Quellen alternative Treibstoffe herzustellen. Allerdings gelingt bislang noch nicht die Skalierung auf industrielle Maßstäbe.

Wissenschaftler der University of Exeter beispielsweise haben in das Bakterium Escherichia coli Gene aus zwei weiteren Organismen eingebaut. Jetzt kann es Kohlenwasserstoffmoleküle herstellen, wie sie in Diesel- und Flugzeugtreibstoff zu finden sind. Die Forscher sehen ihre Resultate als einen ersten Schritt auf dem Weg zu fortschrittlichen Biotreibstoffen. Von industriell nutzbarem Treibstoff sind sie allerdings noch weit entfernt.

Ähnlich sieht es bei kalifornischen Forschern vom Lawrence Berkeley National Laboratory aus. Sie haben Bakterien so optimiert, dass sie eine neue Art von Biokraftstoff herstellen. Das Produkt weist eine so hohe Energiedichte auf, dass es sich sogar als Raketen-Treibstoff eignen könnte. Auch hier befindet sich die Forschung noch im Labor-Status, doch die Wissenschaftler hoffen, mithilfe von Bakterien einmal große Mengen Kraftstoff auf Basis pflanzlicher Abfälle herstellen zu können.

Potenzial für die Zukunft

Biotechnologie bietet auch für die Energiewende ein großes Potenzial. Der Schritt von der Grundlagenforschung zur technologischen Anwendung braucht aber entsprechende Förderung und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

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Quellen:

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