Weltraumschrott

In ihrer kurzen Geschichte der Raumfahrt hat die Menschheit bereits 10.000 Tonnen Schrott im Orbit hinterlassen. Ist doch nicht so schlimm in den unendlichen Weiten? Ist es doch. Warum Weltraummüll sogar das Ende der Raumfahrt bedeuten könnte.

Weltraumschrott – Bedrohung für die Raumfahrt

Gefahr im Orbit: Etwa 10.000 Tonnen Weltraumschrott kreisen in der Erdumlaufbahn. Ausgediente Raketenoberstufen, abgeschaltete Satelliten, Trümmer aus Kollisionen. Laut der Europäischen Weltraumorganisation ESA sind 36.500 dieser Weltraumtrümmer größer als 10 Zentimeter. Sie bewegen sich rasend schnell und unkontrollierbar. Durch die hohe Geschwindigkeit könnte schon ein zehn Zentimeter großes Teilchen bei einer Kollision die ganze ISS zerstören. Erst im März musste die Raumstation ein Ausweichmanöver starten, das 334. seit ihrem Bestehen. Ist die Zukunft der Raumfahrt durch den Weltraumschrott gefährdet?

Woher kommt der ganze Schrott?

Der Weltraumschrott entsteht zum großen Teil durch Explosionen. Wenn abgesprengte Raketenstufen, in denen sich noch Treibstoffreste befinden, mit anderen Teilchen zusammenstoßen, explodiert der Müll im All. Dazu kommen ausgediente Satelliten und Kleinteile, die sich beim Transport gelöst haben. Selbst, wenn Raumfahrt und Satelliten komplett eingestellt würden, würde die Zahl der Trümmer exponentiell ansteigen. Denn zufällige Kollisionen im Orbit führen zu einer Kettenreaktion. Es entstehen unzählige neue Trümmer, die wiederum zu neuen Kollisionen führen. Um dieses Katastrophenszenario zu verhindern, gibt es nur eine Lösung: Kollisionen müssen um jeden Preis verhindert werden.

Beobachtung

Die Raumfahrtindustrie sucht händeringend nach Möglichkeiten, Weltraumschrott aufzuspüren und unschädlich zu machen.

Objekte mit einem Durchmesser von über zehn Zentimetern werden von der NASA durch ein Netzwerk von Radaranlagen und Teleskopen vermessen und katalogisiert. Mit der deutschen Großradaranlage TIRA in Wachtberg bei Bonn kann man sogar kleinere Trümmerteilchen bis zu einem Durchmesser von etwa zwei Zentimetern aufspüren. Solche Messungen werden benutzt, um statistische Modelle über die Anzahl der Kleinteile zu überprüfen.

Umlenkung von Satelliten

Bei der französischen Raumfahrtagentur CNES befindet sich eines der wichtigsten Zentren für die Überwachung des Weltraums. Sie ermitteln die Wahrscheinlichkeit von Kollisionen von Satelliten und informieren die Betreiber, wenn Gefahr droht. Die Satelliten können dann umgelenkt werden. Das verkürzt allerdings durch den Treibstoffverbrauch ihre Lebensdauer und ist damit kostenintensiv.

Umlenkung von Trümmern

Seit einigen Jahren wird an einer Technologie geforscht, die mit Laserstrahlen von der Erde aus Objekte von einem Kollisionskurs ablenken soll. Der Impuls soll die Flugbahn eines Trümmerteils um einige Meter ändern und damit Ausweichmanöver von Satelliten unnötig machen.  

Entfernung von Trümmern

Eine der aufsehenerregendsten Missionen hat die ESA an das Schweizer Start-up Clearspace vergeben. Mit einer robotischen Riesenkralle soll das Unternehmen ein 112 Kilogramm schweres ausrangiertes Raketenteil im Orbit einfangen und entfernen. Der Clearspace-Start ist für 2026 geplant. Klappt das Vorhaben, wäre dies laut ESA die erste aktive Entfernung von Schrott aus dem Weltall. Kostenpunkt: 100 Millionen Euro. Eine Einzellösung, die die Probleme grundsätzlich nicht ändern wird.

Müllvermeidung im All

Die wichtigste Strategie ist Müllvermeidung. Das bedeutet zum Beispiel, dass vor dem Absprengen von Raketenstufen der restliche Brennstoff abgelassen werden muss und ausgediente Satelliten in den Friedhofsorbit transportiert werden müssen. Der beginnt in Flughöhen von über 36.000 Kilometern und wird von der Raumfahrt nicht genutzt. Erdnahe Objekte müssten mit einem Antrieb ausgerüstet werden, der zum Ende ihrer Nutzungszeit einen kontrollierten Absturz in die Erdatmosphäre einleitet, wo die Teile dann verglühen. Moderne Satelliten werden mittlerweile mit sogenannten De-Orbiting Systemen ausgestattet. Das sind relativ leichte und kostengünstige Systeme, die am Ende eines Satellitenlebens das Fläche-zu-Gewicht-Verhältnis soweit erhöhen, dass sie wie Bremssegel wirken. Der Satellit soll dadurch im Laufe der Jahre stetig an Höhe verlieren, bis er letztendlich verglüht.

Internationale rechtsverbindliche Regeln fehlen

Die US-Kommunikationsbehörde FCC hat 2022 ein Gesetz erlassen, wonach US-Satelliten im niedrigen Erdorbit sofort am Ende ihrer Mission kontrolliert zum Absturz gebracht werden müssen, um in der Erdatmosphäre zu verglühen. Alternativ müssen sie am Ende der Mission sofort in einen Orbit gebracht werden, durch den sie spätestens in 5 Jahren in die Erdatmosphäre eintreten und dort verglühen. Im Oktober wurde erstmals eine Strafe in Höhe von 50.000 Dollar gegen einen Satellitenbetreiber verhängt, weil er einen ausgedienten Satelliten wegen Treibstoffmangels nicht aus der Gefahrenzone bringen konnte.

Doch international verbindliche Regeln fehlen bis heute. Zur Vermeidung von Weltraumschrott gibt es in vielen Ländern, darunter in Deutschland, nur eine freiwillige Selbstverpflichtung. Die ESA hat im November eine „Zero-Debris-Charta“ vorgestellt. Ziel ist, dass Raumfahrtakteure bis spätestens 2030 keinen Weltraummüll mehr verursachen.

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Quellen:

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